Datenschutz: Rechtsstaatsmodell oder neoliberale Responsibilisierung? Warum Datentreuhänder kein Mittel zum Schutz der Grundrechte sind
Dr. Jörg Pohle (Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin)
Welche Rolle sollen Datentreuhänder überhaupt spielen, und welche Probleme sollen sie eigentlich lösen – und welche nicht? Ein Blick in aktuelle Gesetzesvorhaben und die wissenschaftliche Literatur zeigt: Um Grundrechtsschutz geht es nicht. Stattdessen steht etwas anderes im Vordergrund: Es soll Betroffenen einfacher gemacht werden, in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten durch eine große Zahl von Datenverarbeitern und zu beliebigen und/oder beliebig breiten Zwecken einzuwilligen. Dabei wird ein Mittel – die Einwilligung, die selbst auch nur ein Aspekt der Daten(fluss)kontrolle ist oder sein kann, die Betroffene nach dem Gesetz haben – am eigentlichen Gesetzeszweck (dem Grundrechtsschutz) vorbei zum Schutzziel stilisiert und scheinbar gelöst – „scheinbar“ deshalb, weil die geforderte Vereinfachung einer Abgabe von Einwilligungserklärungen natürlich dem Ziel dient, die Betroffenen zu mehr Einwilligungen zu bewegen und damit den Datenverarbeitern zu nutzen. Die Funktion der Datentreuhänder wird dann darin bestehen, die Tatsache des Fehlens eines effektiven Grundrechtsschutzes hinter einer scheinbar Transparenz und Kontrolle gewährenden Oberfläche in Form eines persönlichen Dashboards oder Daten-Cockpits zu verstecken.
Ausgehend von einem Datenschutzverständnis, das Datenschutz nicht als individuelle Befindlichkeit, private Neigung oder Schutz einer als privat verstandenen Sphäre und schon gar nicht als auf die Betroffenen abgewälzte Schutzverantwortung versteht, sondern Mittel zur Festlegung und Durchsetzung der Bedingungen, unter denen moderne Informationsverarbeitung gesellschaftlich, also für alle Teile der Gesellschaft, akzeptabel sein kann, will der Vortrag eine grundsätzliche Kritik an Datentreuhändern formulieren. Der Vortrag wird zeigen, wie Datentreuhänder nicht nur zur Fortschreibung einer neoliberalen Individualisierungs- und Responsibilisierungsstrategie im Datenschutzbereich dienen, sondern dass sie auch strukturell nicht in der Lage sein können, den Schutz der Grundrechte bei der Datenverarbeitung sicherzustellen – entweder mangels Macht gegenüber den großen Datenkonzernen wie Google, Amazon, Facebook, Apple oder Microsoft, oder weil sie selbst zu mächtigen Spielern, vielleicht gar Monopolisten und zentralen Gatekeepern, und damit Grundrechtsrisiken werden.
Hinweise zum Format und zum Datenschutz
Bitte beachten Sie vor der Anmeldung die Datenschutz-Hinweise der Verbraucherzentrale NRW (https://www.verbraucherforschung.nrw/datenschutz), insbesondere die Abschnitte “Anmeldung zu den Veranstaltungen des Kompetenzzentrums Verbraucherforschung (KVF NRW)” und “Nutzung von ‘Zoom’ für Online-Meetings”.
Ihr Vorname und Name sowie Ihr Bild und Ton können von anderen Teilnehmer:innen der Veranstaltung gesehen werden, alle Eintragungen in den Chat können von den Teilnehmer:innen gelesen werden. Um anonym teilzunehmen, melden Sie sich bitte mit Pseudonym an und lassen Sie Kamera und Mikrofon deaktiviert.
Die Vorträge werden zu Dokumentationszwecken aufgezeichnet. Bitte lassen Sie während der Aufzeichnung Kamera und Mikrofon unbedingt deaktiviert.
Die Anmeldung ist hier möglich.
0 Kommentare